Fotografie – die Sache mit dem Geld

Letzte Woche im E-Mail-Eingang: „Hallo, ich hätte gerne ein kleines Fotoshooting am Hafen oder auf der Reeperbahn. Was wäre der beste Preis, den Sie machen können? Liebe Grüße, Babette “ Da kam es wieder. Das Gefühl der zwei Herzen, die in meiner Brust schlagen. Ich liebe die Fotografie und freue mich natürlich über jede Anfrage und die daraus entstehenden Shootings. Einerseits. Andererseits zucke ich innerlich immer zusammen, wenn das Etikett „billig, billig, billig“ auf einer E-Mail klebt.Ich möchte dann immer antworten mit: „Hallo, was wäre das Mindeste, was ich an Dienstleistung und Kenntnissen einbringen muss, um Sie zu fotografieren? Liebe Grüße, Florian“

Mache ich natürlich nicht.

Was hat die Fotografie eigentlich mit Kochen zu tun?

Ich möchte jetzt nicht miesepeterig rüberkommen. Aber Fotografieren ist doch beides: Ein bisschen was Künstlerisches, vor allem aber eine Dienstleistung. Im Fall der People- und Portraifotografie mehr Dienstleistung. Und die kostet leider – wie in allen Branchen – Geld. Während dies beim Restaurantbesuch wie selbstverständlich eingepreist ist, hört man als Fotograf kaum einen Satz häufiger als „Ups, das ist aber teuer!“ Das kann man ja eigentlich kaum jemanden krumm nehmen, denn wer weiß schon im Detail, was hinter tollen Portraitfotos oder einer zwölfstündigen Hochzeitsreportage steckt? Vielleicht ist „teuer“ also gar nicht das richtige Wort. Können wir uns zunächst einmal auf das neutrale Wort „Kosten“ einigen?

Bleiben wir beim Restaurantbesuch. Vor zwei Wochen gab es etwas Kleines zu feiern und ich war mit meinen beiden erwachsenen Kindern und meiner Frau auswärts essen. Steakhaus, kein Drei-Sterne-Restaurant. Bedeutet: Getränke, saftige Rumpsteaks, ein Eis zum Dessert und zwei Käffchen hinterher. Lecker! Nach einer guten Stunde traten wir fast 150 Euro ärmer den Heimweg an. Ich, als (vor vielen Jahren) gelernter Koch, hätte mit rund 40 Euro Wareneinsatz gut und gerne selbst kochen/braten/grillen können, habe aber gerne die Dienstleistung des Steakhauses in Anspruch genommen. Es sollte halt irgendwie nett sein. Und auf den Abwasch hätte im Hause Läufer eh keiner so richtig Lust gehabt.

Was das mit Fotografieren zu tun hat? Nun, ein individuelles Portraitshooting kostet bei mir inklusive acht Fotos nach Wahl mit 149,- Euro ähnlich viel und dauert 1,5 bis 2 Stunden. Eher ein bisschen länger. Dazu kommen An- und Abfahrt und, jetzt kommt’s, die Bildbearbeitung, die durchschnittlich die gleiche Zeit wie das Fotografieren an sich in Anspruch nimmt und ein wichtiger Teil des kreativen Prozesses ist. (Hier findest du einen Blogartikel mit meinen Gedanken zur Bildbearbeitung.) Summa summarum: 5 Arbeitsstunden, wovon der Kunde nur die eigentliche Shootingzeit wahrnimmt. Das ist übrigens der zweithäufigste Satz, den man als Fotograf hört: „Der drückt ja nur ein paar Mal aufs Knöpfchen.“ Dazu sage ich: „Auch, aber nicht nur.“

Das kennt jeder Fotograf: Buchungsanfrage via Whatsapp So kann eine Anfrage via Whatsapp für ein Fotoshooting aussehen. Wir wollen ja alle sparen, keine Frage. Wenn aber schon einleitend an der Preisschraube der Dienstleistung gedreht wird, ist’s irgendwie komisch…

Warum in einer Hochzeitsreportage eine Woche Arbeit steckt

Ich habe zwar nie eine kaufmännische Ausbildung genossen, aber ich besitze einen Taschenrechner. Beim eben aufgestellten Beispiel bleibt ein Brutto-Stundenlohn von 30 Euro. Den stecke ich mir natürlich nicht 1:1 ein. Grob gesagt: Ein Drittel für Steuern/Steuerberater, ein Drittel für Versicherungen, Equipment und allem Drumherum, ein Drittel Verdienst. Zehn Euro pro Stunde. Finanzielle Völlerei ist das nicht. Der „echte“ Verdienst kommt eigentlich erst mit der Bestellung zusätzlicher Fotos. (Unter uns: Ich bin ein Photo-Maniac! Überschüssiges Geld stecke ich am Ende sowieso wieder in die Ausrüstung.)

Anderes Beispiel: Hochzeitsfotografie. Vergangenes Jahr wurde ich für eine 15-stündige Begleitung einer traumhaften Hochzeit im Harz gebucht. Rechnen wir zusammen: 15 Stunden Fotografie + 6 Stunden An- und Abfahrt + 17 Stunden Bildbearbeitung = 38 Stunden. In den knapp 1.000 Fotos, die das Hochzeitspaar eine Woche später von mir erhalten hat, steckt zeitlich also eine Arbeitswoche. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was es gekostet hätte, meinen KFZ-Mechaniker 38 Stunden lang an meinem Kombi rumschrauben zu lassen… Ich habe ganz sicher deutlich weniger gekostet, trotzdem war das für das Brautpaar natürlich eine Stange Geld. Aber ist das dann „teuer?“ Und überhaupt, das mit den Steuern habe nicht ich mir ausgedacht…

Hochzeitspaar nach der Trauung im Torhaus Wellingsbüttel

An diese standesamtliche Trauung im Torhaus Wellingsbüttel denke ich gerne zurück. Ein tolles Paar, dass ich drei Stunden mit der Kamera begleitet habe. Während dieser Zeit entstanden rund 300 professionelle Bilder für das private Fotoalbum. Was kaum jemand weiß: Die Dauer für die nachträgliche Bildbearbeitung betrug vier Stunden.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich möchte nicht zur Litanei der ewigen Klage einstimmen und der Job eines Fotografen ist ganz sicher keine Arbeit im Steinbruch. Ich liebe die Fotografie und es ist ein Geschenk, beruflich das tun zu dürfen, was ich liebe. Dennoch ist Fotografieren ein Tick mehr, als nur aufs Knöpfchen zu drücken und kostet vor allem Zeit. Das Ergebnis, also die Fotos, ist nur schwer als „Produkt“ zu begreifen. Tolle Bilder sind dabei viel mehr! Es sind Momentaufnahmen für die Ewigkeit, in denen Emotionen und Erinnerungen gespeichert sind und die mit jedem Jahr mehr an persönlichem Wert gewinnen. Oder hast Du schonmal ein altes Kinderfoto in den Papierkorb geworfen? Ich auch nicht.

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