„Warum Hochzeitsfotograf? Onkel Karl hat doch auch eine gute Kamera…“
Man hört es ja nicht gerne als Hochzeitsfotograf, gänzlich verschont bleibt man vermutlich niemals: „Ich habe die Fotos auf Ihrer Webseite gesehen – toll! Sie müssen eine richtig gute Kamera haben!“ Ich ziehe dann innerlich immer die Schultern zusammen, denke an den Koch im Sterne-Restaurant und frage mich, ob der nach dem Fünf-Gänge-Menü ebenfalls für seine hervorragenden Töpfe gelobt wird? Um bei den anerkennenden (und ganz sicher gut gemeinten) Worten zur Kamera zu bleiben: Die Werbung gaukelt ja genau das vor. Kauf die neue Zwanzig-Millionen-Pixel-Super-Duper-Spiegelreflexkamera mit eingebauter Gesichtserkennung und – schwups – schon sind misslungene Fotos ein Relikt aus längst vergessener Vorzeit. Denkste! Kaufen ist das eine, damit sicher umgehen das nächste. Und dazwischen liegen meistens drei Dinge: Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung!
Ganz von vorne: Am Anfang jeder Hochzeitsreportage steht für mich (mindestens) ein Kennenlerngespräch mit dem Hochzeitspaar. Und darin geht es irgendwann natürlich auch um den Preis für meine fotografische Dienstleistung. Bei einer Ganztagsreportage mit 12 bis 15 Stunden Länge kommen dabei inklusive der nachträglichen Bildbearbeitung nicht nur allerlei Arbeitsstunden sondern auch eine gewisse Summe zusammen. Wer denkt da nicht ans Sparen? Und so kommen Braut oder Bräutigam schnell auf die Idee: „Onkel Karl hat doch auch eine gute Kamera. Eigentlich kann der doch in Standesamt und Kirche fotografieren!“ Das ist sachlich zwar richtig, kann im Ergebnis aber zu unerwarteten Ergebnissen führen. Neben der oben beschriebenen Erfahrung spielen noch ganz andere Überlegungen eine Rolle, auf die ich nachfolgend eingehe. Ob man sich einen professionellen Hochzeitsfotografen leisten möchte/kann, ist also nicht nur Frage des Budgets. Auch die ganz persönliche Wertigkeit für diese auf ewig eingefrorenen Erinnerungen kann nur jeder für sich selbst festlegen. Ich gestehe: Als Hochzeitsfotograf bin ich da natürlich befangen. Hobby- oder Hochzeitsfotograf? Hier findest Du meine Gedanken dazu:
Fotografieren statt knipsen
Jetzt reite ich nochmal auf der Kamera herum: Eine gute Kamera macht nicht automatisch gute Fotos – manchmal ist sogar das Gegenteil der Fall! Wer die Auswirkungen und gegenseitige Beeinflussung der wichtigsten Parameter wie Blende, Verschlusszeit, Brennweite und ISO nicht im Schlaf beherrscht, macht mit einer hochwertigen Spiegelreflexkamera oft sogar schlechtere Bilder als mit einer guten Kompakten, weil viel mehr Einstellungen zu berücksichtigen sind. Mit den eingebauten Motivprogrammen kommt man bei schlechten Lichtverhältnissen nur selten zu begeisternden Ergebnissen. Wollen wir das Aufstecken der Eheringe tatsächlich dem Zufall überlassen.
Einer der Schlüsselmomente auf jeder Hochzeit: das Aufstecken der Eheringe. Ein Moment, den man als Hochzeitsfotograf nicht verpassen darf und in bestmöglicher Qualität festhalten möchte.
Schlechte Lichtverhältnisse, also nur wenig zur Verfügung stehendes Licht, stellen an Equipment und Fotograf besondere Ansprüche. Gut, wenn man darauf vorbereitet ist und die nötigen Kameraeinstellungen blind beherrscht.
Dir bleiben nur Sekunden
Selbst wenn Onkel Karl mit seiner Kamera grundsätzlich vertraut ist: Was fotografiert er, wenn er nicht gerade auf Eurer Hochzeit den Auslöser rattern lässt? Ist er daran gewöhnt, unter Zeitdruck und bei schlechten Lichtverhältnissen (beides ist der Normalfall auf Hochzeiten) kreative Ergebnisse zu realisieren? Wie viele Hochzeiten hat er schon fotografiert? Ich möchte niemandem zu nahe treten, aber wer sich z.B. auf die Architektur- oder Landschaftsfotografie spezialisiert, hat in der Regel ausreichend Zeit, an den Kameraeinstellungen herumzutüfteln. Das Alpenpanorama kann dem Fotografen ja nicht wegrennen. Auf Hochzeiten geschehen dagegen sehr viele Dinge in sehr kurzer Zeit – und das häufig ohne Vorankündigung. Aus meiner Erfahrung weiß ich: Oft habe ich nur Sekunden, um DAS Bild zu schießen.
Mit Leidenschaft zu tollen Fotos
Auch so eine Sache: Hat Onkel Karl eigentlich LUST Eure Hochzeit zu fotografieren? Es kommt gar nicht so selten vor, dass sich ein Freund/Verwandter eher unterschwellig gedrängt als wirklich berufen fühlt, dieses einmalige Ereignis auf die Speicherkarte zu bannen. Woher ich das weiß? Weil ich im Freundeskreis (mit hoher Dichte guter Hobbyfotografen) immer wieder angesprochen werde, ob ich einen Tipp parat hätte, weil derjenige demnächst für einen guten Freund die Hochzeit fotografieren SOLL. (Ach, wenn es doch mit EINEM Tipp getan wäre…) Wenn ich dann frage: „Hast du Bock darauf?“ Klingt die Antwort meistens so: „So richtig Nein sagen wollte ich nicht, aber richtig Ja auch nicht… Ich krieg das schon irgendwie hin!“ Ich denke dann immer: Hoffentlich reicht IRGENDWIE… Einen echten Gefallen ist am Ende vermutlich niemandem getan. Denn nur wer von Leidenschaft angetrieben ist, macht authentische und emotionale Bilder.
Perspektivsucher – Während einer Hochzeitsreportage bin ich pro Stunde 60 Minuten damit beschäftigt, pfiffige Perspektiven, kleine und große Momente oder spannende Lichtstimmungen zu suchen. Hier erlaubte mir der erhöhte Stand in der Kapelle im Eutiner Schloss einen spannenden Blick auf Brautpaar und Hochzeitsgäste.
Fulltimejob Hochzeitsfotograf
Ist es eigentlich gerecht, Onkel Karl die Bürde aufzuerlegen, die Hochzeitsfotos seines Neffen/seiner Nichte zu schießen? Immerhin: Onkel Karl ist enges Familienmitglied und kann eigentlich gar nicht richtig mitfeiern, wenn er andererseits fotografieren soll. Tante Klara ist ja auch nicht in der Küche eingeteilt, obwohl sie sonst wirklich gerne kocht. Und noch etwas: Wenn ich als Berufsfotograf eine Reportage fotografiere, bin ich pro Stunde 60 Minuten damit beschäftigt, pfiffige Perspektiven, kleine und große Momente oder spannende Lichtstimmungen zu suchen. Meine beiden Kameras hängen dabei immer an einem speziellen Tragesystem an meinem Körper. Selbst wenn Onkel Karl das gleiche WOLLTE, wird er das nicht leisten KÖNNEN. Denn: Er ist schließlich auch Teil der Hochzeitsgesellschaft.
Gut gemeint ist nicht immer gut genug
Hin und wieder ist die Ausgangssituation mit Onkel Karl eine ganz andere: Denn er ist ein wirklich begeisterter Hobbyfotograf und möchte UN-BE-DINGT (!) Eure Hochzeit fotografieren. „Zum Üben!“ wie er sagt. Der gute Wille ehrt Onkel Karl, keine Frage. Nur: Wollt Ihr Eure Hochzeit, diesen unwiederbringlichen Tag mit all seinen emotionalen Schlüsselmomenten, wirklich zu einem fotografischen Übungsstück degradieren? Und ja, Onkel Karl sagt, dass er wirklich, wirklich gut mit dem Fotoapparat umgehen kann. So wie im Vorstellungsgespräch jeder behauptet, er könne Englisch sprechen – und dem beim Bestellen des Essens im Restaurant dann doch die nötigen Vokabeln gerade nicht einfallen. Deshalb mein Tipp an Euch: Klopft die Fähigkeiten von Onkel Karl, dem besten Kumpel, dem Freund des Nachbarn (oder wer auch immer Eure Hochzeit fotografieren möchte) ausgiebig ab, um Euch vor ungewollten Überraschungen zu schützen.
Was das Smartphone kann – und was nicht
„Hat doch jeder ein Smartphone!“ Stimmt! Und wenn man der Werbung Glauben schenken darf, hat die neueste Generation natürlich stets die aktuellste, nochmals verbesserte Kamera eingebaut. Ob das für die Hochzeit reicht? Nie!! Ich muss das sagen, ich bin Fotograf. Aus meiner Sicht: Dass man diesen Minimalismus Kamera nennen darf, gehört verboten. Klar, ein toller Sonnenuntergang sieht auch mit dem Smartphone aufgenommen schick aus. In der düsteren Kirche oder abends bei der Party wird es aber ganz schnell ganz grottig. Vergiss es! Ich spreche da aus ähnlicher Erfahrung bei meiner eigenen Hochzeit: Ich habe vor über 20 Jahren geheiratet und Handys waren noch nicht erfunden. Auf meiner Hochzeit machte ein Hochzeitsfotograf Bilder, für die Feier am Abend legten wir 25 Ritschratsch-Kameras auf den Gästetischen aus. (Diese Dinger mit eingebautem Film, die man nur einmal verwenden konnte und dann als Ganzes zum Entwickeln gab.) Kein einziges der rund 500 mit diesen Kameras entstandenen Fotos hat es in unser Hochzeitsalbum geschafft. Das gleiche Schicksal wird vermutlich die verpixelten Smartphone-Bilder ereilen. Ein schnelles Posting bei Facebook, vielleicht. RICHTIGE Fotos sehen anders aus.
Auf der Hochzeit mit dem Smartphone? Klar, warum nicht!? Aber als ernsthafte Fotografie wollen wir das nicht gleich bezeichnen, oder?
Abends auf der Hochzeitsfeier haben wir es fast immer mit grenzwertigen Lichtverhältnissen zu tun. Um jetzt noch gute Fotos ohne das gefürchtete Bildrauschen hinzubekommen, sind lichtstarke Profiobjektive ein Muss.
Wichtigstes Stilmittel: das Spiel mit der Unschärfe
Was ich jetzt schreibe, beißt sich ein bisschen mit Punkt eins. Dort habe ich gesagt, dass nicht eine gute Kamera sondern ein guter Fotograf in der Hauptsache für starke Bildergebnisse verantwortlich ist. Auf der anderen Seite benötigt man in sehr vielen Situationen erstklassiges Equipment, um seine Ideen überhaupt in brillanter Qualität realisieren zu können. Insbesondere in der Hochzeitsfotografie sind dies lichtstarke Objektive. Die lassen auch unter den häufig schlechten Lichtverhältnissen das Arbeiten ohne Blitzgerät zu. Denn der Blitz zerstört, erstens, schnell die jeweilige Lichtsituation und ist, zweitens, häufig gar nicht erlaubt. (Das sage nicht ich, sondern die Standesbeamten, Pastoren, Pfarrer.) Und: Nur mit diesen lichtstarken Objektiven (und modernen Vollformatkameras) lässt sich das Spiel von Schärfe und Unschärfe bis zum Äußersten ausreizen. Gerade dieser Effekt ist aber eines der wichtigsten gestalterischen Mittel in der Fotografie und verschafft den Bildern ihren edlen Look. Was das mit Onkel Karl zu tun hat? Nun, der besitzt diese sündhaft teuren Linsen vermutlich nicht und ist dadurch in vielen Situationen ausgebremst. Wenn ich mit meiner Fototasche auf Eurer Hochzeit auftauche, befinden sich darin Objektive im Wert eines Kleinwagens – und sie sind jeden Euro wert!
Das bewusste Spiel mit Schärfe und Unschärfe, sowie das exakte Setzen des Fokus gilt als wichtigstes Stilmittel in der Hochzeitsfotografie um den Blick auf bestimmte Bereiche zu lenken. Wetten, dass Dein Blick auf diesem Foto immer wieder auf den kleinen Diamant im Ring gezogen wird?
Wenn Du bis hier durchgehalten und alles gelesen hast, benötigst Du vermutlich erstmal eine gedankliche Verschnaufpause. Lass das alles auf dich wirken, überlege, welchen Stellenwert Deine Hochzeitsfotos für Dich einnehmen. Am Ende ist das auch eine Frage des Geldbeutels. Ist es Dir Wert, einen professionellen, vorausschauenden Fotografen für Deine Hochzeit zu engagieren? Oder reichen Dir die ambitionierten Fotos eines guten Freundes (um hier nicht durchgängig den armen Onkel Karl zu bemühen)? Diese Entscheidung kann Dir keiner abnehmen. Wenn Du Fragen oder Anregungen hast, darfst Du mir gerne über das Kontaktformular eine E-Mail schicken – ich freue mich auf Deine Nachricht.
Noch mehr Lesestoff?
Hier habe ich einen Blogbeitrag über meine (vierfache) Datensicherung von Hochzeitsfotos veröffentlicht: https://florianlaeufer-fotografie.de/datensicherung-von-hochzeitsfotos-so-mache-ich-es/
Hier findest Du einige Gedanken über die wichtige Kommunikation beim Fotoshooting, was analog zur Hochzeitsfotografie gilt: https://florianlaeufer-fotografie.de/portraitshooting-mit-plan/
Hier siehst Du einige Bildergebnisse aus einer kürzlich erstellten Hochzeitsreportage: https://florianlaeufer-fotografie.de/hochzeitsreportage-anni-christoph/