Freie Arbeit: Lofoten fotografieren im Winter (Part II)

Und wenn du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo die Sonne her!“ So geschehen auf unserem Fototrip, bei dem „Lofoten fotografieren im Winter“ auf dem Plan stand. Wenn du den ersten Teil dieses Blogs gelesen hast, dann erinnerst du dich vielleicht: Mein Buddy Holger Kröger und ich hatten offenbar ein Abo auf Sturm, Hagel, Sturm, Schnee und Sturm abgeschlossen. Meine Güte, was für ein fürchterliches Wetter! Ernsthaftes Fotografieren ist oft stundenlang nicht möglich. Wir nutzen die wenigen und kurzen Phasen, in denen die Bedingungen wenigstens nur mittelschlecht sind. Und damit ist die Abwesenheit von Niederschlag (in flüssigem, halbflüssigem und festem Aggregatzustand) gemeint. Mehr erwarten wir nicht.

Lofoten fotografieren im Winter: Erste Zielfotos im Kasten

Na gut, ich will hier nicht zur Litanei der ewigen Klage einstimmen. Unser absoluter Hotspot dieser Reise soll das kleine Fischerdorf Hamnøy sein. Genauer: der Blick von der Brücke auf die roten Fischerhütten – die Rorbuer – in Hamnøy. Dass wir genau fünf Mal die 60 Kilometer von unserer Unterkunft in Gravdal antreten, um endlich, endlich, endlich unsere Traumbedingungen vorzufinden? Geschenkt! Alles vergeben und vergessen! Fotografieren ist ja so: Du hast klar definierte Zielbilder im Kopf, die du an der jeweiligen Location technisch umsetzen möchtest.

Wenn du im Studio arbeitest, ist das leicht, schließlich stellst du selbst die Lichtsituation her. Als Landschaftsfotograf hast du es hingegen mit dem Wetter zu tun und das richtet sich nunmal nicht nach dem Wetterbericht – und schon gar nicht nach deinen Wünschen. Geduld ist ein Tugend – verflixt nochmal! Machen wir es kurz: Bei den ersten vier Anläufen kauern wir ziemlich erbärmlich hinter unseren Fotoapparaten und sehnen uns bessere Bedingungen herbei – erfolglos. Lofoten fotografieren im Winter? Sei gewarnt: Das Wetter macht dich klein!

Lofoten fotografieren im Winter: Die Kirche in Gravdal während der blauen Stunde

Geht schlechter: Keine 50 Meter von der Kirche in Gravdal entfernt liegt unsere Unterkunft dieser Fotoreise.

Sturm in Hamnoy

Sturm in Hamnøy – das ist nicht ohne!

Der Lilandstinden von Hamnoy mit Fischerboot im Sturm. So ist das beim Lofoten fotografieren im Winter!

Verrückt, plötzlich legt dieses Fischerboot ab. Sind die denn irre?

Festhalteeeeen!!! (Fotocredit: Holger Kröger)

Lofoten fotografieren im Winter. Hier ein Making of in Hamnoy

Lofoten fotografieren im Winter: Für die roten Fischerhütten in Hamnøy gibt es zwei Spots. Entweder fotografierst du oben von der Brücke oder du kletterst unten auf die Steine und nimmst einen niedrigen Kamerastandpunkt ein. Aufgrund des Sturmes ist es stellenwiese unmöglich, auf der Brücke zu stehen und du musst dich am Geländer festklammern. Fotografieren mit Stativ? Vergiss es! Unten ist es etwas erträglicher, hier werden wir aber vom Schnee überrascht. Irgendwas ist ja immer…

Klassiker: Hamnoy in den frühen Morgenstunden

Beim dritten oder vierten Anlauf gelingt mir diese Aufnahme im Morgenlicht. Ich bin ganz happy über das Foto – aber es ist noch nicht das, was ich im Hinterkopf hatte.

Nun aber…

Jetzt, beim fünften Versuch am vorletzten Tag, stimmt für eine gute Stunde alles: Blauer Himmel mit Schäfchenwolken, sporadische Sonneneinstrahlung und bewegtes Wasser an den vorgelagerten Klippen! Wir feixen wie kleine Kinder und sind es in diesem Moment vermutlich auch. Hamnøy in bestem Licht – unseren Zielfotos steht jetzt nichts mehr im Wege! Die Auslöser rattern.

Die roten Fischerhütten von Hamnoy im besten Licht

Hamnoy und seine berühmten Rorbuer

Jaaaa!!! Diese Aufnahmen kommen meinem Ideal schon sehr nahe: Niedrigwasser, Wellen, tolles Licht, Drama im Himmel! *Florian glücklich*

Lofoten fotografieren im Winter – Sturm auf Sakrisøy

Gleich hinter der Brücke von Hamnøy liegt die winzige Insel Sakrisøy mit ihren gelben Stelzenhütten. Man darf es so sagen: Bunt können die Norweger! Hier sind farbig angepinselten Häuser vermutlich halb Tradition, halb Intuition – man weiß, was Touristen aus aller Herren Länder lieben und sehen wollen. Wieso, weshalb, warum ist uns egal. Die knallgelbe Rorbuer-Front vor dem 675 Meter in die Höhe ragenden Olstinden ist der Hammer! Und das Beste daran: Der vorgelagerte Flachwasserbereich, der durch das satte Türkis fast schon karibisch anmutet.

Das weiß jeder Fotograf: Perspektive ist alles! Wir klettern auf den gegenüberliegenden Berg. Hier erleben wir beim ersten Besuch den stärksten Sturm unseres Aufenthalts. An einem Strommast klammern wir uns während der Spitzenstärken von 150 km/h Windgeschwindigkeit fest. Ich habe Angst um mich und meine Ausrüstung, finde es aber irgendwie auch ganz cool hier oben. Ich frage mich: „Warum? Warum tust du das hier?“ Und dann ist mit der nächsten Frage alles geklärt: „Warum nicht?“ 

Die kleine Insel Sakrisoy auf den Lofoten mit den gelben Fischerhütten

Die kleine Insel Sakrisøy mit ihren gelben Fischerhütten. Dieses Foto entstand vom gegenüberliegenden Berg. Ich war an diesem Tag schon dreimal hinaufgeklettert, war aber nie ganz zufrieden mit dem Licht. Als sich am Abend für wenige Minuten die Wolkendecke hinter dem Olstinden lichtete, kletterte ich ein viertes Mal hinauf. Es hat sich gelohnt!

Gelbe Fischerhütte vor dem Olstinden

Die kleine gelbe Hütte vor dem Olstinden. Dieses Motiv ist ein Klassiker und findet sich in jedem Portfolio von Landschaftsfotografen, die auf den Lofoten fotografiert haben. 

Sakrisoy im besten Licht fotografiert

Gelbe Rorbuer auf der kleinen Insel Sakrisoy

Sonnenschein und blauer Himmel über den gelben Fischerhütten auf Sakrisøy. Solche Bedingungen haben wir während unseres Acht-Tage-Trips insgesamt für etwa acht Stunden.

Weiße Fischerhütten Lofoten

Sag nie wieder „Fischkopp“ zu einem Hamburger!

Egal, wo du dich auf den Lofoten aufhältst, der Stockfisch ist allgegenwärtig. Schon seit Hunderten von Jahren hängt der Kabeljau – der hier Skrei genannt wird – in salziger Küstenluft an den Holzgestellen. Während der mehrwöchigen Trocknungsphase wird der Fisch haltbar gemacht. Kopf und Innereien sind üblicherweise entfernt, die Flanken paarweise an den Schwanzflossen zusammengebunden und dann an den Gestellen (norwegisch: Stokk) aufgehängt. So weit, so duftig. 

Auffällig ist, dass geschätzt 75% der Holzgestelle ausschließlich mit Kabeljauköpfen bestückt sind. Ein Anblick wie in der Fisch-Geisterbahn. Holger und ich können uns beim besten Willen nicht vorstellen, was man mit Millionen (!) dieser Köppe anfangen soll/will/muss. Dass die Zunge des Skrei eine Delikatesse ist, wissen wir. Aber der fleischarme Schädel? Google gibt die Antwort: Afrikaner werfen ihn in den Suppentopf! Knapp zwei Cent wird pro Kopf bezahlt, dann gehen sie in Containern nach Westafrika. Unter uns: Ich weiß nicht, was ich darüber denken soll. Ist die Fischkopfsuppe tatsächlich eine Delikatesse in Nigeria, wie es hier erzählt wird? Oder wird aus der Not eine Tugend gemacht und es handelt sich um eine weitere post-kolonialistische Benachteiligung des ohnehin schon ausgebeuteten Kontinents? Würden die nicht auch lieber Fischfilets als Fischköpfe essen? Lassen wir das, ich möchte kein Spielverderber sein.

Einsame Fischerhütte auf den Lofoten

An jedem noch so kleinen Haus hängen irgendwo Fische zum Trocknen…

Kabeljau Banknote

Der Skrei brachte den Norwegern viel Reichtum. Bezahlt wird demnach mit „Dorsch-Dollars“. 

Lofoten fotografieren im Winter - Trockenfisch gehört dazu

Bleibt noch zu klären, warum man uns Hamburger so häufig als Fischköppe bezeichnet – noch nie auf den Lofoten gewesen? 

Trockenfisch auf den Lofoten

Ich klettere fleißig unter den Holzgestellen antlang, um pfiffige Perspektiven zu suchen. Die paar Tropfen, die von oben runterkommen, stören mich nicht. Oder doch? Meine Jacke hat hinterher tagelang nach gammelndem Fisch gestunken…

Kabeljauköpfe Trockenfisch

Alles dufte!

Stop and go auf den Lofoten

Das haben wir im Vorfeld unserer Reise mehrfach gehört: „Macht euch nicht zu eng getaktete Pläne! Ihr werdet alle 200 Meter anhalten wollen, weil ihr schon wieder ein neues Motiv gesehen habt. Die Lofoten bieten eine unerschöpfliche Anzahl spannender Fotospots!“ Jupp, das ist nicht ganz falsch – aber auch nicht ganz richtig. Denn: Schneebedeckte Berge, Eisformationen, raues Wasser und brechende Wellen sind beim Lofoten fotografieren im Winter allgegenwärtig. Und so wird der Überfluss an entsprechenden Motiven rasch beliebig.

Bei aller Begeisterung – und das bitte ich nicht falsch zu verstehen: Mit der fünfzehnten Langzeitbelichtung von bewegtem Wasser im Vorder- und weiß bestäubten Bergketten im Hintergrund, wird es irgendwann auch mal eintönig. Man sucht sich also Highlights und starke Vordergründe. Die gibt es, keine Frage. Dennoch bin ich der Meinung, dass aus fotografischer Sicht mehr als eine Woche auf den Lofoten nicht zwingend notwendig ist.  

Gefrorener Wasserfall auf den Lofoten

Hier fanden wir einen kleinen vereisten Wasserfall als feinen Vordergrund.

Knochige Bäume auf den Lofoten

Ganz schön kalt!

Warten auf den richtigen Moment

Lofoten fotografieren im Winter irgendwo am Straßenrand. Keine 30 Meter hinter uns steht unser Auto. (Fotocredit: Holger Kröger)

Graufilter-Fotografie in Norwegen

Das Ergebnis kann sich sehen lassen, oder?

Langzeitbelichtung mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund

Diese Aufnahme dokumentiert recht gut, wie schnell sich das Wetter auf den Lofoten ändert. Zwischen diesem und dem oberen Foto liegt eine gute Stunde Zeitunterschied.

Reine im Sonnenaufgang – ein Traum!

Die südlichste unserer Stationen ist das kleine Fischerdorf Reine, keine 4 Kilometer von Hamnøy entfernt. Den einzigen echten Sonnenaufgang, den das Wetterradar vorhersagt, verbringen wir am Reinehalsen. Von hier ist der berühmte Blick auf das winterliche Reine möglich, den man auf so vielen Postkarten wiederfindet. Der Wecker geht um 3 Uhr morgens, eineinhalb Stunden später stehen wir hinter unseren Stativen und blicken auf das noch nächtlich beleuchtete Dorf Reine. Dann kriecht nach und nach die Sonne am Horizont empor und beleuchtet mit ihrem warmen Licht die schneebedeckten Berge. Ein Traum in sattem Orange und kühlem Blau. Als Hamburger möchte ich es mal hanseatisch zurückhaltend beschreiben: Das sieht nicht schlecht aus!

Malerischer Ausblick auf das winterliche Reine

Der klassische Blick auf das Fischerdorf Reine mit seinen 300 Einwohnern. Noch in der Dunkelheit kommen wir an, um hier den Sonnenaufgang zu erleben.

Making of "Lofoten fotografieren im Winter": Reine kurz vor Sonnenaufgang

Es dämmert…

reine kurz vor dem Sonnenaufgang

Sonnenaufgang Reinehalsen

Und dann treffen die ersten warmen Strahlen der aufgehenden Sonne auf Hütten und Berge. It’s a kind of magic!

Der berühmte Steg in Reine

Bis zum Mittag haben wir an diesem Tag Sonnenschein, dann verschlechtert sich das Wetter rapide. Egal, es ist eh höchste Zeit für den Heimflug.

Die besten Zimtrollen der Welt!

Bleiben wir bei unser norddeutschen Mundart, die sich vor allem durch Reduzierung ausdrückt: Alles was über ein breit gezogenes „Moooin!“ hinausgeht, gilt ja schon als palavert. So darf dieser Blogbeitrag gerne als Roman angesehen werden. Um es nicht ausufern zu lassen, sind hier die weiteren Eckpunkte unserer achttägigen Fotoreise auf die Lofoten: Stromausfall, Schneehühner, salzverkrustete Kameras, drei Tage Spaghetti Bolognese, fünf Tage Schokoriegel, keine Polarlichter, zerbrochene Filter, kalte Füße, kalte Hände, kalte Nasen, Sitzdusche, fahruntüchtige Asiaten (viele!), die besten Zimtrollen der Welt, Teamwork, zwei Dutzend Seeadler, falscher Bus, zerstörter Stativkopf und ganz viel Fischgeruch. Hammer! 

Das Ergebnis vom Lofoten fotografieren im Winter als Galerie-Ausstellung

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