Freie Arbeit: Lofoten fotografieren im Winter (Part I)
Wenn du im Winter nach Norwegen fliegst, weil du rund 200 Kilometer oberhalb des Polarkreises die Lofoten fotografieren willst, denkst du an: die große Kälte! Na gut, und an Stockfisch, Polarlicht und raue See. Daran dachten wir auch, als mein Landschaftsfotografen-Buddy Holger Kröger und ich diese Tour ins Auge fassten. Weil sich Natur aber nicht ausrechnen lässt, kam dann doch vieles anders als gedacht.
Zunächst einmal: Die große Kälte blieb aus. Dafür kam die kleine Kälte – und die hatte es in sich! Unsere niedrigste Temperaturmessung ergab -6 Grad Celsius. Geht, oder? Gleichzeitig mussten wir aber die höchstmögliche Windstärke von über 12 Bft einstecken. (Wir erinnern uns: Ein gutes Stück südlich von uns havarierte während unserer Reise das Kreuzfahrtschiff Viking Sky, geriet in Seenot und die Weltpresse berichtete darüber.) In Kombination sind Orkan und leichte Minusgrade ganz schön Aua! An den Fingern, klar. Ganz besonders aber im Gesicht, wenn mit 150 km/h die Hagelkörner wie Nägel in die Haut einschlagen – so gewesen! Aber hey, mit uns scheint irgendwas nicht zu stimmen: Wir lieben das!
Fangen wir von vorne an: Die Lofoten sind Teil einer bergigen Inselgruppe vor der Küste Nordnorwegens, die aus rund 80 Inseln besteht. Im Winter sind die markant spitz zulaufenden Berge schneebedeckt und man kann in klaren Nächten wahre Feuerwerke leuchtend grüner Nordlichter (Aurora borealis) erleben. In den letzten Jahren hat das unter Landschaftsfotografen zu einem wahren Boom geführt, dem auch wir uns nicht entziehen konnten. Und jetzt sind wir da!
Schon auf dem Hinweg kribbelt’s in den Fingern und wir müssen immer wieder aus dem Auto aussteigen, um die sagenhafte Landschaft entlang der E10 zu fotografieren.
Was die Lofoten ausmacht, ist hier auf einem Foto vereint: schneebedeckte Berge, von kreischenden Möwen umzingelte Fischerboote und viel Wasser! Im Hintergrund ist eine Kapelle der Gemeinde Vågan auf der Halbinsel Sildpollnesset auf Vestvågøya zu sehen. (Wenn du dich fragst, wie man die norwegischen Orte und Inseln ausspricht: Ich weiß es auch nicht…)
Oben in den Bergen. Sieht kalt aus – ist es auch.
Und dann kam der Orkan mit Windgeschwindigkeiten von bis 150 km/h, der die „Viking Sky“ vor der Küste Norwegens in ernsthafte Schwierigkeiten brachte. (Foto: Screenshot www.br.de)
Die Kirche von Gimsøy
Vom Flughafen Harstadt-Narvik kommend ist unser erster offizieller Fotospot die weiße Strandkirche auf der Insel Gimsøy, die bereits Achtzehnhundertund erbaut wurde. Das muss man sich mal vorstellen: Um den kräftigen Stürmen zu trotzen, ist die Kirche mit Stahlseilen gesichert! Für mich, als gebürtiger Hamburger mit gut über 1.000 verbrachten Nächten im Freien oder Zelt, sind Stürme ja nur’n büschen Wind. Eigentlich. Aber Häuser anketten muss man bei uns nicht…
Wir haben Glück: Als wir zum Fotografieren auf Gimsøy sind, streichelt uns eine Windstärke 5-6 Bft über die roten Wangen, die Wolken ziehen nur langsam. Gute Bedingungen aus unserer Sicht. Ich mag die trübe Stimmung des Tages, die den Bildern eine Portion Schwere gibt. An diesem unwirklichen Ort kann ich mir beides vorstellen: Eine sommerliche Trauung im Boho-Look mit Blumengirlanden, einer blonden Braut und einem vollbärtigen Bräutigam. Aber ebenso eine November-Prozession mit dem Pastor im schwarzem Talar vorweg, tiefen Glockenklängen und Sargträgern mit ernsten Mienen im kalten Herbstnebel. Mich schaudert’s.
Auflaufendes Wasser an der alten Holzkirche auf der Insel Gimsøy.
Mit Stahlseilen ist die Kirche vor den kräftigen Stürmen auf den Lofoten gesichert.
In Schwarzweiß gefällt mir die Ausarbeitung dieses Fotos am besten.
Haukland Beach verwirrt dich!
Es bleibt mystisch. Eine unserer Top 3 Destinationen sind Haukland Beach und Uttakleiv, die nur durch einen Tunnel getrennt und doch so gegensätzlich sind. Haukland Beach verwirrt dich. Türkisfarbenes Wasser und ein karibisch anmutender Sandstrand erinnern an Barbados oder Bahamas. Schneidender Wind und schneebedeckte Berge holen dich aber unverzüglich in die Realität zurück: Lofoten, nicht Malediven!
Um ehrlich zu bleiben: Mich macht Haukland aus fotografischer Sicht nicht so an. Ich weiß, dass Holger ein Fan von „Wuuusch-Bildern“ ist. (So nennt er (jetzt wir!) Fotos, auf denen Wellen durch lange Verschlusszeiten verwischt dargestellt werden.) Auf Sandstrand sieht das cool aus. Aber: Ich liebe das Drama und wünsche mir für das „Wuuusch“ eher zerklüftete Felsen. Okay, wir machen also unsere Bilder. Ganz nett, ja. Wir sind uns dennoch einig – zurückkommen wollen wir vorerst nicht. Ab durch den Tunnel nach Uttakleiv…
Sand in Sicht! Der Strand von Haukland ist einer der wenigen Orte der Lofoten, wo du auf Sandstrand spazieren gehen kannst.
Glück ist: Wenn an einem stürmischen, kalten und ungemütlichen Tag im März kurz vor dem nächsten Hagelschauer die Sonne unter der Wolkendecke herauskommt. „Wuuusch!“
Uttakleiv – The Dragon’s Eye
Auf diesen „Strand“ hatte ich mich ganz besonders gefreut. Von den Gezeiten glattgespülte riesige Steine, brechende Wellen und irgendwo dazwischen: „The Dragon’s Eye“! Von vielen auch nur „Das Auge“ genannt. Dabei handelt es sich um einen fast kreisrund geformten Stein, der in einer tief ausgespülten, mit Wasser gefüllten Furche liegt und dadurch wie ein Drachenauge samt Pupille aussieht. Ein absolutes Must-have wenn du die Lofoten fotografieren willst und nur bei Niedrigwasser zu sehen. Lange suchen müssen wir nicht. Bei unserem ersten Besuch steht ein zehnköpfiger Foto-Workshop mit ebenso vielen Stativen um das Auge herum… Aaaargh! Wir lassen das Auge Auge sein, kehren aber im Verlauf unseres achttägigen Aufenthalts nochmals hierher zurück. Nun haben wir das gesamte Areal für uns und können uns mit den Fotoapparaten austoben. YIIEEHAAAH!
Das berühmte „Dragon’s Eye“ am Uttakleiv Beach in Leknes. Wie lange es wohl gedauert hat, Stein und Furche glattzuspülen, um diese einmalige Komposition auszubilden?
Auf dem oberen Foto ist im Hintergrund bereits diese Formation zu erkennen. Ich sach mal so: Wenn oben „Das Auge“ zu sehen ist, dann ist dies hier das Schlitzauge!
Gestalterische Möglichkeiten für kreative Langzeitbelichtungen gibt es am Uttakleiv Beach noch und nöcher. Hier ist mir der große runde Stein besonders aufgefallen. Wetten, dass dein Blick auch wie ferngesteuert immer wieder dorthin gezogen wird?
Unstad – Arctic Surf
Und dann gibt es noch die ganz Verrückten – Wellenreiter! Der schmale Strandabschnitt bei Unstad gilt quasi als das Hawaii der Lofoten. Wer Wellenreiter ist, also ein RICHTIGER Wellenreiter, kein Mode-Wellenreiter, muss einmal im Leben die Surfzone von Unstad im Neoprenanzug er- und überlebt haben! Ich bin kein Wellenreiter. Und wenn ich die gigantische Brandung hier aus meiner muckelig-warmen Funktionsbekleidung sehe, denke ich: „Wenn mich eine Welle erwischt, bin ich tot!“ Die Typen mit den langen Brettern unter den Füßen denken vermutlich: „Wenn ich eine Welle erwische, bin ich Gott!“ Verkehrte Welt. Wir sind jedenfalls bei fiesem Wind und ordentlich Brandung hier und lassen die Auslöser unserer Kameras rattern.
Ein kleines Haus in Unstad. Mich friert’s schon beim Ansehen des Fotos!
Gi-gan-tisch!!!
Die perfekte Welle – aus Sicht eines Fotografen.
Geht’s noch? Warum tut man das? Egal, meinen allergrößten Respekt haben die Waghälse, die sich in die eiskalten Wellen trauen!
Hörst du es?
Lofoten fotografieren – Skagsanden Beach ist unverzichtbar
Skagsanden Beach bei Flakstad ist ein eindrucksvoller Küstenabschnitt auf den Lofoten. Wenn man Skagsanden googelt, findet man in englischer Sprache sehr treffende Wörter: iconic, scenic, imposing, amazing… Wie sagt man’s auf Deutsch? Geil! Wenn du die Lofoten fotografieren willst, hast du hier unfassbar viele Möglichkeiten, dich kreativ auszutoben. Die Bergkette im Hintergrund erinnert mich strukturell an das Vestrahorn in Island. Und auch hier, am Skagsanden Beach, kannst du mit starken Vordergründen, Spiegelungen und bewegtem Wasser („Wuuusch!“) arbeiten. Und mit Wellenreitern – denn die sind hier ebenfalls auf der Suche nach der perfekten Welle.
Feines Fotomotiv – die Pfarrkirche im Dorf Flakstad. Den Berg im Hintergrund siehst du gleich auch auf den Abbildungen von Skagsanden Beach.
Was für ein Berg! Erinnert mich an das Vestrahorn, das wir 2017 und 2018 in Island fotografierten.
Beeindruckender Pool!
…den Holger längst im Blick hatte.
White Water!
Lofoten fotografieren: Solche farbenfrohen Motive findet, wer sich einfach mit dem Auto durchs Nirgendwo treiben lässt.
Dir hat es bis hierher gefallen? Dann freue dich auf den zweiten Teil von „Lofoten fotografieren im Winter“, den ich in den nächsten zwei bis drei Wochen hier veröffentliche. Ich möchte nicht zu dick auftragen, aber die wahren Schätze kommen erst noch! Malerische Fotos von Sakrisøy, Hamnøy und Reine erwarten dich. Und außerdem verrate ich, warum ich als Hamburger nie, nie, nie wieder „Fischkopp“ genannt werden möchte seit unserer Fotoreise…
Übrigens: Einige meiner Lofoten-Fotos kannst du direkt auf dieser Homepage als Highend-Druck auf Leinwand, Alu Dibond, Holz, Acrylglas oder Künstlerpapier ordern. Hier geht es direkt in die Galerien: LEINWAND-SHOP
(Nachtrag: Inzwischen ist der zweite Teil längst online gegangen. Hier geht es direkt dorthin: Lofoten fotografieren im Winter – Part II )
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